First published on 1st of March, 2016 on Lokalkompass.de |

Dass eine wissenschaftliche Forschungseinrichtung und ein Kunstmuseum einen Kooperationsvertrag schließen, geschieht nicht alle Tage. So war es schon etwas Besonderes, als das Kunstmuseum Bochum und das Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität am 26. Februar eine solche Vereinbarung eingingen. Am darauffolgenden Tag konnte sich dann auch die Öffentlichkeit mit den Früchten dieser Zusammenarbeit beschäftigen, als die Ausstellung „The Urban Sacred. Städtisch-religiöse Arrangements in Amsterdam, Berlin und London“, die bis zum 3. April gezeigt wird, offiziell eröffnet wurde.

Dabei war das Verhältnis von Kunst und Religion in den vergangenen 15 Jahren immer wieder Thema im Museum am Stadtpark. Die Schau „Sparsha – Berührung der Sinne. Ritual und zeitgenössische Kunst aus Indien“, die dort zur Jahreswende 2014/2015 zu sehen war, wurde gemeinsam mit Indologen des CERES erarbeitet. Dr. Hans Günter Golinski, Direktor des Kunstmuseums erinnert sich: „Die Kooperation war geprägt von wechselseitiger Begeisterung.“ So sind für die Zukunft bereits verschiedene thematische Ausstellungsprojekte ins Auge gefasst worden.

Das CERES ist die größte religionswissenschaftliche Einrichtung für Lehre und Forschung im deutschsprachigen Raum. „Es geht aber auch um Wissenstransfer in die Öffentlichkeit“, macht CERES-Direktor Prof. Volkhard Krech deutlich. Golinski erläutert, warum dies gerade mit der Ausstellung „The Urban Sacred“ gelingen kann: „Die Visualisierung komplexer Sachverhalte spricht ein breiteres Publikum an.“ „Was den Wissenstransfer in die Öffentlichkeit betrifft, hat die Ruhr-Universität noch Nachholbedarf“, weiß Prof. Andreas Ostendorf, Prorektor für Forschung, Transfer und wissenschaftlichen Nachwuchs an der Ruhr-Universität um die Bedeutung der Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum. „Der Besucher“, wünscht sich Krech, „soll aus der Ausstellung anders herauskommen, als er hineingegangen ist. Wir wollen Religion, Kunst, Politik und Wissenschaft ins Gespräch bringen.“

Das Forschungsprojekt „Iconic Religion“ vereint Wissenschaftler aus den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland seit 2013 unter der Leitung von Prof. Volkhard Krech. Erforscht werden religiöse Zeichen in den Stadträumen von Amsterdam, Berlin und London. Diese Arbeit ist Grundlage der Ausstellung „The Urban Sacred“. Dr. Susanne Lanwerd, wissenschaftliche Koordinatorin von „Iconic Religion“, fächert auf, was alles unter religiösem Zeichen verstanden werden kann: „Es geht um Architektur, Bilder, Skulpturen, Symbole und Graffiti, aber auch um religiöse Praktiken, Plätze, Events und entsprechende Kleidung.“ Dabei sind Amsterdam, Berlin und London Beispiele für Städte, in denen der Säkularisierungsprozess sehr weit fortgeschritten ist. Dennoch findet sich in allen drei Städten eine immense religiöse Vielfalt. Diese Ambivalenz lässt sich am Beispiel Berlins verdeutlichen: Einerseits gibt es dort 250 Religionsgemeinschaften, andererseits sind 75 Prozent der Bevölkerung nicht religiös. Lanwerd verbindet mit der Ausstellung im Kunstmuseum eine Hoffnung: „Vielleicht gelingt es, Klischees zu überwinden, um so Kommunikation zu ermöglichen.“

Im Museum steht die Wechselwirkung zwischen Religion und zeitgenössischer Kunst besonders im Fokus. „Die Ausstellung“, so Museumsdirektor Golinski, „ist interdisziplinär angelegt. Sie holt die Geisteswissenschaften ins Haus.“ Lanwerd, die die Ausstellung „The Urban Sacred“ konzipiert hat, ergänzt: „Religiöse Zeichen sind immer vieldeutig. Künstler interpretieren die Wirklichkeit und geben ihr damit eine weitere Dimension. Deshalb freuen wir uns, drei Fotografinnen für eine Zusammenarbeit gewonnen zu haben.“

Nina Gschlößl, Henriette Kriese und Tania Reinicke zeigen im Rahmen von „The Urban Sacred“ Fotografien und Videoinstallationen, die speziell für dieses Projekt erarbeitet worden sind. Die Fotos arbeiten mit Unschärfen und Leerstellen. Die Videoinstallation untersucht sakrale Bauten im Hinblick auf das Verhältnis von Innenraum und urbaner Umgebung. Diese Objekte werden in der Ausstellung in einen Kontext gestellt, wie Lanwerd erläutert: „Wer sich mit den wissenschaftlichen Ergebnissen vertraut machen möchte, hat in der Leseecke Gelegenheit dazu. Zeitleisten ermöglichen einen Blick in die Historie. Kartonagen repräsentieren die jeweilige Stadtlandschaft.“

Die Ausstellung wird auch in London, Berlin und Amsterdam gezeigt.